Prof. Dr. med. Hedda Lausberg: Vergleichende Bewegungsanalyse von vier Patientengruppen mit psychosomatischen Erkrankungen und einer gesunden Kontrollgruppe

 

 

Sachbeihilfe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) Fe 239/3-1, Laufzeit: 6 Monate, abgeschlossen



In dieser Studie wurde das Bewegungsverhalten von 120 weiblichen Versuchspersonen, stationäre Patientinnen mit den Diagnosen Anorexia nervosa (n=30), Bulimie (n=30), Morbus Crohn (n=11), Colitis ulcerosa (n=19) und einer gesunden Kontrollgruppe (n=30) untersucht.

Im Versuch führte jede Probandin ein zehnminütiges Bewegungsprogramm durch. Der erste Teil des Bewegungsprogramms bestand aus strukturierten Bewegungsaufgaben, der zweite Teil aus Improvisationsthemen. Dabei wurde das Bewegungsverhalten der einzelnen Versuchspersonen auf Video aufgezeichnet.

Zur Evaluation des Bewegungsverhaltens wurden Ratingsskalen mit Bewegungsmerkmalen entwickelt und deren Eignung in einer Pilotstudie überprüft. Die Auswertung der Videoaufnahmen erfolgte durch zwei trainierte Rater, denen die Untersuchungsgruppen sowie die Hypothesen nicht bekannt waren.

Weiterhin wurden die Persönlichkeitsmerkmale der Probandinnen anhand des Freiburger Persönlichkeitsinventars FPI-A1 erfaßt.

Die Interraterkorrelation war nur mäßig. Daher erfolgte die Auswertung für die beiden Rater getrennt. Zwischen den psychosomatischen Diagnosegruppen traten fast keine signifikanten Unterschiede im Bewegungsverhalten auf. Hingegen wurden bei mehr als einem Drittel der Bewegungsmerkmale bei beiden Ratern übereinstimmend signifikante Unterschiede zwischen den psychosomatischen Gruppen und der gesunden Kontrollgruppe beobachtet.

Die psychosomatischen Patienten zeichneten sich durch weniger ganzkörperliche Bewegung, weniger Krafteinsatz, gebundeneren Bewegungsfluß, kleinere Bewegungsfläche, weniger Gewichtsverlagerung, weniger Einbeziehung von Unterkörper und Körpermitte sowie monotonere Bewegung aus. Diese signifikanten Unterschiede wurden jeweils überwiegend bei allen vier psychosomatischen Gruppen festgestellt. Am stärksten wich jedoch die Anorexiegruppe – wie auch bei den Persönlichkeitsmerkmalen – von der Kontrollgruppe ab.

Die Korrelationen des Persönlichkeitstests und der Bewegungsmerkmale zeigten nur sehr geringe Zusammenhänge. Die Faktorenanalysen über die Bewegungsmerkmale ergaben für den Teil I ähnliche Faktorenlösungen bei beiden Ratern, in Teil II traten unterschiedliche Faktorenstrukturen auf.

Die Ergebnisse ermuntern zu weiterer Forschung, in der zunächst die Meßinstrumente verfeinert werden sollten. Weiterhin sollte auch das Bewegungsverhalten anderer Diagnosegruppen untersucht werden.