Berlin Gesture Center | Interdisziplinäres BGC-Kolloquium

 

Vortrag von Michael Kimmel:

Embodiment in the social sciences: From imagery to phenomenology

Dienstag, 25. Januar 2005, 19 Uhr, Boltzmannstr. 3 (Raum 1105), 14195 Berlin (U-Bahnhof Thielplatz)

 

Abstract:
The initial purpose of this talk will be to compare the merits of selected integrative ethnographic approaches to cultural embodiment, in particular those of Pierre Bourdieu, Kathryn Geurts and Thomas Csordas.

In a second step, the role of embodied imagery will move into focus. "Image schemas" (force, balance, cycle, center-periphery, up-down, container, etc.), it is argued, are suitable for analyzing observed kinesic configurations in posture, movement and body rhythm. Cultural practices in ritual, healing or everyday situations may frequently be analyzed as image-schematic scenarios. At the same time, particular image schemas connect with body awareness and thus provide a point of entry for the phenomenological analysis of how people perceive their bodies (= proprioception). Ethnographic data suggests that image schemas such as balance or up-down may explain not only specific cultural metaphors, but also exert influence on embodied styles of social, gender or cultural groups as a whole. Finally, the multiple ways that imagery supports embodied learning will be discussed (mimesis, projective mapping from body knowledge to discourse, and "retrojection" from discourse to the body).

By way of zooming out, an empirical research plan of mine for connecting observational and phenomenological data will be sketched and put up for discussion.

 

„Embodiment“ in den Sozialwissenschaften

Zunächst hat der Vortrag zum Ziel, ausgewählte ethnographische Blickwinkel auf kulturelle Aspekten der Leiblichkeit vergleichend zu würdigen, welche unter dem Schlagwort „Embodiment“ subsumiert werden. Insbesondere geht es um die Arbeiten von Pierre Bourdieu, Kathryn Geurts und Thomas Csordas.

Darauf aufbauend wird der Rolle von körperbasiertem und bildhaftem Imaginieren näheres Augenmerk geschenkt. Dazu werden sogenannte Vorstellungsschemata (etwa Kraft, Balance, Zyklus, Zentrum-Peripherie, Oben-Unten oder Behälter) in ihrem Nutzen dargestellt, um beobachtbare kinetische Muster in Haltung, Bewegung und Körperrhythmus zu analysieren. Kulturelle Praktiken im Ritual, in symbolischen Heilverfahren oder Alltagssituationen können oftmals als vorstellungsschematische Szenarien aufgelöst werden. Zudem spielen einige Vorstellungsschemata eine wichtige Rolle in leiblichem Bewußtsein und öffnen so einen phänomenologischen Analysezugang zur Selbstwahrnehmung des Leibes (Propriozeption). Ethnographische Belege weisen darauf hin, daß bildhafte Vorstellungsschemata wie Balance oder Oben-Unten nicht nur spezifische kulturelle Metaphern stützen, sondern auch den körperlichen Stil von sozialen, genderbezogenen oder kulturellen Gruppen mitdefinieren. Ebenso unterstützt bildhaftes Denken über den Körper vermitteltes Lernen in mehrfacher Weise (Mimesis, Übertragung von Körperwissen in den Diskurs und Rückprojektion vom Diskurs in den Körper des einzelnen.)

Abschließend möchte ich einen Entwurf für ein empirisches Projekt zur Diskussion stellen, wobei es um die Möglichkeit gehen soll, Beobachtungsdaten und phänomenologisch ausgewertete Daten miteinander zu verbinden.